| TV-Kritik: Beschwerlicher Beginn
Harald Schmidt hat die erste reguläre Ausgabe seiner ARD-Show hinter sich. Eine Kurzkritik zum 19. Januar 2005.
Das hat es bei den Tagesthemen noch nicht gegeben: Ulrich Wickert dreht sich zur Seite, und in dem eingeblendeten Fenster rechts neben ihm, das sonst Gesprächspartnern wie führenden Politikern oder zumindest ARD-Korrespondenten vorbehalten ist, erscheint - Harald Schmidt. Wickert fragt nach Themen, die Schmidt im Anschluss behandeln werde. Der als Appetithappen gedachte (aufgezeichnete) Dialog wirkt holprig und verläuft zäh. Als Schmidt das deplatzierte Frage-Antwort-Spiel ohne Pointe beendet, winkt Wickert plötzlich unbeholfen in der Gegend herum und bringt einen seltsamen Laut zur Verabschiedung hervor. Damit hat das Ganze dann doch noch eine Pointe, wenn auch eine ungewöhnliche.
ARD spart an der Farbe
In der Wettervorhersage spielt Schmidt ebenfalls eine Rolle, als sich am Ende das Bild in Grautöne wandelt und Herr Kachelmann dazu anmerkt, man müsse nun wegen Schmidt an der Farbe sparen. Im selben Augenblick taucht aber schon das knallgelbe Maskottchen des Werbepartners auf, was diesen prinzipiell originellen Gag dann doch eher in den Bereich der Tiefs versinken lässt. Nach einem Trailer für die ARD-Sportschau läuft schließlich um kurz nach 23 Uhr der unspektakuläre Vorspann der am Abend vorproduzierten "Harald Schmidt"-Show.
Der Bart ist ab
Schmidt ist wieder bartlos, hat keine Pfeife mehr, aber Manuel Andrack ist wieder da und die ARD-Showband. Kurze Begrüßung, dann geht's auch schon zum Schreibtisch, den Schmidt bis zum Ende der Show nicht verlassen wird. Zu sehen sind Auszüge aus Tagesschau-Sendungen, unter anderem ist Präsident Bush dabei mit einem Statement zur US-Außenpolitik. Gezeigt wird später auch der neue Airbus der Lufthansa als Montage mit "Harald Schmidt"-Logos. All das soll signalisieren: Wir sind aktuell. Das sind sie auch, aber leider nur bedingt unterhaltsam.
Rauswerfer
Als Schmidt mit goldenem Käfig über dem Kopf und Andrack im Huhn-Kostüm einen seltsamen Slapstick-Beitrag zum Dioxin-Skandal in Eiern bieten, erinnert das arg an alte Schmidteinander-Spielchen, allerdings die weniger guten. Albern ist das, im Grunde peinlich, auch wenn eine solche Wertung in den Augen mancher Fans Majestätsbeleidigung sein dürfte. Immerhin hatte WDR-Intendant Pleitgen zuvor als Erwartung ein Programm mit Esprit und Niveau geäußert. Hat eigentlich schon mal jemand überlegt, ob man ein Zwei-Mann-Gespräch mit bunten Bildern und Filmchen wirklich eine Show nennen sollte? Die Zweifel an einer gelungenen Auftaktsendung werden jedenfalls endgültig bestätigt, als sich das Ende der "Show" nähert und Sprecher Egon Hoegen in einem Beitrag dasitzt, um einen Text zu rezitieren. Kein Höhepunkt am Schluss, eher ein Rauswerfer im schlechtesten Sinne.
Anruf beim Abspann
Bei der Verabschiedung bleibt ein Gefühl der Belanglosigkeit. Direkt im Anschluss kann der geneigte Zuschauer umschalten zum NDR-Fernsehen. Da zeigen sie die Satire-Sendung "Scheibenwischer" mit Bruno Jonas und Co. - zwar nur als Wiederholung, aber trotzdem ist dort zu verfolgen, wie man wortlastig 30 Minuten recht gelungen über die Bühne bringen kann. Der Abspann in der ARD läuft noch, als Schmidt zum Hörer des Telefons auf seinem Schreibtisch greift. Vielleicht ist es der Intendant. Glückwünsche wird er wohl nicht übermitteln.
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