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Sueddeutsche.de: "Aufschwung Schmidt"
Kölner Stadt-Anzeiger: "Mit dem unbedingten Willen zur lustvollen Selbstbespiegelung"
Stern.de: Interview mit Manuel Andrack zum Neustart in der ARD

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TV-Kritik: Der Meister ist zurück

Mister Late-Night ist wieder in seinem Medium. "Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit Harald Schmidt", verkündet ein Sprecher im Vorspann. Was folgt, sind 45 Minuten, auf die nicht nur wohlwollende Medienkritiker Schmidts mit weihnachtlicher Vorfreude gewartet haben. Eine Kurzkritik zum Auftakt der ARD-Sendung "Harald Schmidt" am 23. Dezember 2004.

Neue Optik: Harald SchmidtIm Grunde ist fast alles wie zu Sat.1-Zeiten. Schmidt ist bissig, hintergründig, selbstironisch. Frisur, Vollbart und Pfeiferauchen freilich sind neu und - was die haarige Veränderung anbelangt - äußerst gewöhnungsbedürftig. Manuel Andrack ist Manuel Andrack, also der intellektuell wirkende Stichwortgeber. Das Studio ist kleiner, aber im Wesentlichen wie früher. Schmidt sitzt am Schreibtisch vor Stadtkulisse, daneben Andrack am eigenen Tisch vor Bücherregal, auf der anderen Seite spielt die Show-Band in bekannter Besetzung, jedoch ohne ihren Leiter Helmut Zerlett. Es gibt Einspiel-Filme aus den ARD-Archiven und Jahresrückblick-Aufnahmen, die Schmidt - teilweise etwas angestrengt, aber trotzdem meist süffisant - kommentiert.

Aufmüpfig und unverschämt

Das Publikum ist - wie man hört - begeistert: Lacher und Zwischenapplaus begleiten die Sendung. Schmidt gibt sich anfangs gereift, öffentlich-rechtlich-like, lässt aber schnell und deutlichst erkennen, dass er auch unter ARD-Herrschaft ein aufmüpfiger und unverschämter Akteur im besten Sinne bleibt. Das Gesicht der RTL-Dschungel-Camp-Teilnehmerin Désirée Nick ("Die Vogelgrippe erreicht Deutschland") verwechselt er derart dreist mit einem Körperteil der Schaupielerin Anouscka Renzi, dass der Tatbestand der ehrverletzenden Schmähkritik mindestens gestreift wird. Aber so ist sie halt, die berüchtigte Schonungslosigkeit von Lästermaul Harald. Einmal weist ihn Andrack mahnend darauf hin, dass man doch jetzt im Ersten sei. Schmidt entgegnet spitzbübisch: "Ist doch klar - im Dritten hätt' ich's nicht gesagt." Eben da wiederholen dann aber doch - ungeschnitten - noch am selben Abend etwas später WDR und RBB just diese Premieren-Sendung, und man muss wirklich lange nach vernünftigen Antworten suchen, warum sie das wohl machen.

Keine Dramaturgie

Bei seiner Verabschiedung formuliert Schmidt den Satz: "Wir hoffen, Sie haben sich einigermaßen unterhalten". Einigermaßen, sagt er. Gespielte Tiefstapelei oder etwa doch ein Anflug schlechten Gewissens? Wer vom Millionenvertrag Schmidts mit der ARD weiß, könnte sich während der 45-minütigen Sendung nicht zu Unrecht gefragt haben, ob es das wert ist. Inhaltlich überfrachtet (zu viele Themen des Jahres 2004 auf einmal) und im Ablauf wenig abwechslungsreich war die Sendung, eine Dramaturgie nicht festzustellen - nur ein Nacheinander, keine Steigerung. In den nächsten Sendungen wird Schmidt beweisen müssen, dass nicht nur er toll ist, sondern auch seine Show. Vielleicht - und hoffentlich - wird bei Schmidt und Co. noch die Erkenntnis reifen, dass Aktionen mit dem Publikum und prominente Gäste eigentlich ganz brauchbare Elemente aus alten Sat.1-Tagen waren.

medienblick.de, 23.12.2004  [ © 2004 ]